Kaufrecht


Beitrag vom 14.02.2023

Keine Verjährung eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB bei einem VW-Abgasskandal Fall

zu LG Hildesheim, Urt. v. 09.10.2020

 

Leitsatz: Die Verjährungsfrist beginnt erst ab einer Kenntnis von Tatsachen, aus denen sich die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung mit Wissen und Wollen der organschaftlichen Vertreter ergibt. Die fehlende Kenntnis dieser anspruchsbegründenden Umstände kann nicht durch eine "Zumutbarkeit der Klageerhebung" ersetzt werden.

 

Der Kläger erwarb am 31.08.2013 einen VW Polo zum Preis von 13.250,00 EUR. Hersteller des im PKW verbauten Motors ist die Volkswagen AG als Beklagte. Das erworbene Fahrzeug war mit einer Manipulationssoftware versehen, die aus dem VW-Abgasskandal bekannt ist. Die Klageschrift vom 29.12.2018 trug einen Eingangsstempel der Justizbehörden mit dem Datum vom 03.01.2019.

Die Beklagte erhob die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht Hildesheim entschied, dass dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des gekauften Fahrzeugs in geltend gemachter Höhe aus § 826 BGB zustand.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten sei der Anspruch jedoch nicht verjährt.

Nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners an. Maßgeblich ist die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Hierbei sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass die erforderliche Kenntnis des Verletzten vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen grundsätzlich keine zutreffende rechtliche Würdigung voraussetzt. Es genüge aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit vielmehr die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände.

Danach sei auch eine Kenntnis von den die Sittenwidrigkeit und die Zurechnung nach § 31 BGB begründenden Umstände erforderlich. Ein Anspruchsteller habe daher auch darzulegen und zu beweisen, dass der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßiger Vertreter (§ 31 BGB) des in Anspruch genommenen Unternehmens die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB verwirklicht hat.

Nach diesen Maßgaben habe die Verjährungsfrist noch nicht begonnen. Eine solche Kenntnis sei ihm auch nicht grob fahrlässig unbekannt geblieben, die aber zu den anspruchsbegründenden Umständen gehört.  Denn ohne diese Zurechnung besteht kein Anspruch aus § 826 BGB.

Eine solche Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis folge entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus, dass der Kläger aus Presseerklärungen der Beklagten bzw. der Medienberichterstattung alle "anspruchsbegründenden Umstände" hätte entnehmen können.

Die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung mit Wissen und Wollen der organschaftlichen Vertreter der Beklagten sei von keinem Beteiligten eingeräumt worden und werde nach wie vor von den Beklagten (mit Nichtwissen) bestritten.

Hinreichende Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Vorstands von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung, aber nicht von konkreten Tatsachen, aus denen sich eine solche Kenntnis eines bestimmten Vorstandsmitglieds ergibt, reiche für die Annahme einer Kenntnis des Klägers -nach Ansicht des erkennenden Gerichts- nicht aus.

 

Quelle: RA 11/2020 S. 582 ff.


Beitrag vom 01.01.2018

Rückzahlung des Kaufpreises bei anormaler Geruchsbelästigung eines Gebrauchtfahrzeugs möglich?

zu OLG Saarbrücken, Urt. v. 10.10.2012

 

Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied, dass anormale Geruchsbelästigungen einen Sachmangel eines Gebrauchtfahrzeugs darstellen können.

 

Bei einem "jungen" Gebrauchtwagen des gehobenen Preissegments, der noch kein Jahr zugelassen ist und eine Laufzeitleistung von unter 1.000 km aufweist, könne ein durchschnittlicher Käufer erwarten, dass in diesem keine anormalen -gummiähnlichen- Gerüche wahrnehmbar sind.

 

Die Klägerin kaufte bei dem Beklagten einen Pkw zum Preis von 120.000 EUR. Es handelte sich um einen Vorführwagen, welches noch kein Jahr zugelassen war und eine Laufleistung von unter 1.000 km aufwies. Der Geschäftsführer der Klägerin monierte nach der Übergabe Geruchsbelästigungen im Fahrzeug. Auch nachdem der Verkäufer die Lüftungskanäle reinigen ließ, blieb im Fahrzeug der unangenehme Gummigeruch. Die Klägerin erklärte nach Ablauf einer dem Beklagten gesetzten Frist den Rücktritt und verlangte daraufhin von dem Beklagten Rückzahlung des Kaufpreises abzgl. der gezogenen Nutzungen nach §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 437 Nr. 2 BGB.

 

Quelle: RÜ 12/2017, 749